WAS GESCHAH

Hintergründe des Haberfeldtreiben

Delikte
Zumeist wurden sexuelle Verfehlungen angeprangert, unglücklicherweise damit aber auch
die Frauen, die eigentlich das Opfer waren, während die zumindest Mitschuldigen oder gar eigentlichen Täter oft selbst als Treiber mitwirkten. Oft wurden hier Verstöße von Pfarrern, Lehrern und Bürgermeistern aufgegriffen, die sonst unter den Tisch gefallen wären. In der Mehrzahl ging es um Bauern, Bäuerinnen, ländliche Handwerker und Gewerbetreibende.
So waren auch Diebstahl und Unredlichkeit angeklagt. Sehr selten handelte es sich um Mord.
Mit der zunehmenden Industrialisierung und der damit verbundenen unsicheren sozialen
und wirtschaftlichen Lage wurde später sozialer Protest z. B. wegen ungerechter
Lohnabzüge oder Aufkaufens von Bauernhöfen direkt artikuliert.

Beweggründe für Selbstjustiz und Rügegericht
Im alten germanisch-bajuwarischen Rechtsempfinden der angestammten Bevölkerung
wurden Auseinandersetzungen immer innerhalb der Gemeinschaft ohne unangenehme
Einmischung der Obrigkeit geregelt. Dazu kam, dass bei der Umgestaltung des Staates im
19. Jahrhundert in Oberbayern zunehmend aus Franken stammende Polizeibeamte zur
Rechtspflege eingesetzt wurden, die eine grundsätzlich andere Mentalität als die
bodenständigen Oberbayern hatten und deshalb nicht akzeptiert wurden.
Da es sich bei den Anklagen sehr oft um moralische Vergehen handelte, spielten wohl
Neugier und Schadenfreude eine große Rolle, die derben Verse waren außerdem eine
vergnügliche, erotische Unterhaltung, in dieser Hinsicht wurden die Spektakel schon zum
Selbstzweck aufgeführt.
Vermutlich waren aber nicht wenige Haberfeldtreiber selbst verhinderte, oder nur
unerkannte Täter!

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